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Im Jänner definierte ich im Rahmen #CLC-“Massive Open Lernreise” (meine Begriffsschöpfung 😉) mein aktuelles Lernziel: ein persönliches, digitales Personal Learning Framework aufbauen.

Und ich blieb nicht alleine mit meinem Ziel. Anfang Februar startete unsere Lerngruppe mit Carina Ebli, Claudia Kesche, Stefan Fersterer, Claus Vormann, Axel Wolpert und mir.

Heute stelle ich meinen Garten in der aktuellen Fassung vor und fasse meine persönlichen Learnings zusammen.

Mein konkretisiertes Ziel

Wofür baue ich eigentlich an meinem persönlichen Knowledge Garden, auch Mind Garden? Meine Antwort: um bestehendes und entstehendes Wissen verfügbar zu halten, zu pflegen und daraus neue Einsichten in Form von Blogposts, Praxiskonzepten oder auch Sketches auszuarbeiten.

Ich möchte (flüchtige) Gedanken, die “mietfrei im Kopf leben”, aus dem Alltag aufsammeln können und diese danach aktiv in dieses Wissensnetzwerk “einflechten” können. Biologische Gehirne sind schließlich gut im Verarbeiten, nicht im (Detail)Merken. Also baue ich mir ein verlässliches, digitales Second Brain zur Unterstützung (“mindful statt mind full”).

Schnell habe ich erkannt, dass es gar nicht so sehr um das Sammeln von Informationen, sondern um die (Weiter)Verarbeitung der eigenen Gedanken und geht. Mind Gardening ist eine proaktive Art, Wissen, Ideen und Denken zu kultivieren.

Meine Werkzeuge

Die Basis meine digitalen Gehirns bilden Markdown Dateien (synchronisiert via OneDrive), die ich mit Obsidian und Logseq bearbeite.

Beide Open Source Programme bieten bidirektionale Links für einfache, zweiseitige Verknüpfungen sowie eine Graph-Darstellung mit der das Wissensnetzwerk auch grafisch dargestellt und bearbeitbar ist. Beide Applikationen haben unterschiedliche Funktionalitäten, können aber parallel auf die selben Dateien zugreifen und bearbeiten. Derzeit verwende ich beide, langfristig werde ich mich wohl für eine der beiden entscheiden.

Interessante Inhalte sammle ich per RSS (Feedly) bzw. per Bookmarks in Sozialen Netzwerke (vorwiegend Twitter und LinkedIn). Inhalte aus Büchern erfasse ich in Readwise (das funktioniert auch perfekt mit “echten” Papier-Büchern).

Online-Videos annotiere ich (derzeit noch) mit Annotate.tv. Podcasts höre ich seit Kurzen mit der Momento-App am Handy, mit der ich interessante Stellen per einfachen Klick markieren und als Transkript nach Readwise exportieren kann. Readwise ist direkt per Schnittstelle sowohl an Obsidian wie auch Logseq verbunden.

Spontane Gedanken erfasse ich direkt auf der Tagesseite in Logseq (seltener in Obsidian). Zusätzlich experimentiere ich gerade mit Voiceliner auf meinem Handy, die meine Sprachnotizen transkribiert und als Markdown exportierbar macht.

Mein (aktueller) Workflow

Angelehnt an das Seek-Sense-Share-Framework von Harold Jarche habe ich drei Aktivitätsfelder: Sammeln und Einbringen (seek), Organisieren (sense) und Ernten (share).

Sammeln und Einbringen (seek)

Während der Woche setze ich Bookmarks, notiere Gedanken. Für mich hilfreich ist, dass ich mich dabei nicht um Strukturen, Ordner oder Ablageorte kümmern muss. Ist es für mich interessant, dann wird es behalten.

Einmal wöchentlich, meist Freitag nachmittags, arbeite ich die gesammelten Inhalte durch. Ist es für mich (noch immer) relevant, so wird es aufgenommen. Ich bleibe mit allen Notizen soweit es geht in ganz flachen Hierarchien und arbeite nur über Tags und Links. Allein dadurch entsteht eine flache Netzstruktur, in der ich via Links, Graph und Suche leicht meine Inhalte wiederfinde.

Am Beginn meiner Lernreise hatte ich besonders diese Phase im Fokus. Doch habe ich schnell erkennt, darum geht es nur in zweiter Linie; Viel wichtiger ist die folgende Phase, nämlich das Pflegen und Organisieren.

Organisieren (sense)

Hier geschieht die eigentliche Arbeit, die auch nie wirklich beendet sein wird. Das digitale Gehirn ist ein lebendes System. Derzeit beschäftige ich mich recht intensiv mit diesem Prozess, um passende Routinen zu finden.

Alles beginnt mit einer Menge (relevanter) Fleeting Notes aus der Vorphase, dem Sammeln. Das ist eine Reihe unbearbeiteter Inhalte auf meinen Notizseiten. Das können Buch-, Podcast-, oder Video-Notizen sein, aber auch kleinere Notizen mit flüchtigen Gedanken.

Es sind also die Sämlinge in meinen Garten, die noch Pflege und Aufzucht benötigen – vielleicht überleben sie diese Phase nicht, oder aus ihnen wird dann doch “Größeres”. Über die Seiten-Eigenschaften der Notizen (“Properties”) finde ich diese rasch wieder für die weitere Bearbeitung.

Aus manchen werden Atom Notes oder auch meine “Zettel” (nach der Zettelkasten-Methode von Niklas Luhmann). Sie sind kurze Beschreibungen einzelner Gedanken, Konzepte, Personen oder Inhalte. Ihre Kraft liegt in der Vernetzung mit anderen Zettel, die sich mit bidirektionalen Links leicht herstellen lassen. Über diese Verlinkung entstehen manchmal schon neue Ideen, die ich gleich wieder (als eigene Zettel) notiere. Oft ist es auch nur eine direkt auf der Notiz erfasste Aufgabe, die mich an eine spätere Recherche erinnert.

Aus einigen dieser Notiz-Zettel sind bereits erste Evergreen-Notes in meinen Garten entstanden, also eigenständige Aussagen aus verdichteten Inhalte mit vielen Links zu Atom Notes. Solche Notizen sollen in Zukunft persönliche Grundgedanken oder theoretische Grundkonzepte beinhalten. Hier bin ich schon gespannt, was hier so alles entstehen wird.

Einiges gelesen habe ich über Map of Content (MOC) Notizen, die schnell einen Überblick über ein Thema geben und eine Art Dashboard mit vielen Links sind. Derzeit habe ich noch keinen Bedarf an solchen Seiten. Mal sehen, was die Zukunft bringt.

Mittlerweile habe ich erkannt, dass diese “Gartenarbeiten” (m)eine Vision oder Ziel brauchen, also eine grobe Idee, wofür ich das alles mache. Sehr schnell ist man “Lost in Links”, auch das merkte ich sehr schnell. Und ohne Zukunftsvorstellung ist es fast nicht möglich, sich von (doch nicht so relevanten) Inhalten auch wieder zu verabschieden. Ich möchte einen Garten und keinen Dschungel.

Mit meinem Garten möchte ich Klarheit rund um Organisation, Lernen und Arbeiten und damit Ordnung in meinem Kopf schaffen, um damit produktiv (weiter)arbeiten zu können. Diese Klarheit hilft mir, zu ordnen, zu sortieren, zu erkennen. Und sie hilft mir, den möglichen Output im Blick zu behalten, also z.B. Blogposts, praktische Umsetzungskonzepte oder erklärende Sketches und Skizzen.

Ernten (share)

Die Ernste sollte direkt aus meinen Second Brain möglich sein, also Texte und Bilder direkt daraus entstehen. Hier hat Obsidian klar den die Nase vorn, denn damit kann ich Fließtexte einfacher und schöner bearbeiten als in Logseq. Vielleicht kann ich Zukunft einige Aktivitäten sogar automatisieren. Holger Gelhausen tweetet regelmäßig über Automatisierungmöglichigkeiten von Markdown-Dateien, z.B. direkte Erstellung von PowerPoint- oder Video-Dateien.

Dazu fehlen mir aber noch Ideen und Ansatzpunkte, wie diese “Obsternte” in meinem Garten aussehen wird. Aber eines habe ich schon umgesetzt, nämlich eine grafische Übersicht über diesen Workflow erstellt:

Und jetzt?

Ich konnte meine bisherigen Inhalte meines Gartens schon gut verwenden und merke auch, dass eine mehrfache Bearbeitung der Gedanken keine Zeitverschwendung, sondern gut investierte Zeit ist.

Somit bin ich sehr zufrieden mit diesen Fortschritt und freue mich auf das nächste Treffen in unserer Lerngruppe. Und die weiteren Erfahrungen, die ich in den kommenden Wochen machen werde.

P.S. Mein Lernbegleiter Torben Mau hat seinen Bericht unserer Lernreise und seines Wissensgartens hier zusammengefasst.

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4 Kommentare

  1. Danke für den Beitrag. Vieles kommt mir aus meiner eigenen Lernreise zu dem Thema Persönliches Wissensmanagement und der Zettelkastenidee bekannt vor.

    Interessant fand ich den Hinweis zu “Map of Content (MOC)” den ich bisher so noch nicht gehört habe, aber die bei Luhmanns Zettelkasten automatisch durch die Struktur der Folgezettel entstanden ist. Vereinzelt fange ich damit bereits an, aber vielleicht finde ich basierend auf dem Begriff noch ein paar gute Impulse.

    Die Idee der Gartenarbeit und den Grünschnitt auch zu entsorgen finde ich sehr hilfreich. Es geht nicht darum alles voll zu packen und jede Information zu sammeln.

    Ein generelles Ziel sollt so ein Wissenssystem schon verfolgen, was aber auch wichtig ist, dass man nicht nur zu einem Thema Sammelt. Denn gerade durch die Verbindung mehrerer Themen entstehen neue Ideen. Was ich dabei spannend fand war die Idee der “Forschungsfragen”: Definiere ein Set an Fragestellungen zu dem Du antworten suchst und Fülle dazu deine Erkenntnisse in das System. Dadurch habe ich schon einige male etwas ähnliches wie Maps of Content angelegt.

    Ich bin gespannt wie eure Lernreise weitergeht.

  2. Wie handhabst du das im Büro? Darfst du einfach Software auf dem Firmenrechner installieren und eigene Cloud Services anbinden? Wie kannst du während der Arbeit auf dein Second Brain zugreifen? Daran sind bisher alle meine eigenen Versuche gescheitert. Ich habe immer zwei getrennte Welten Firma und Privat. Werkzeuge der Klasse Obsidian oder Logseq als reine Webapps sind mir noch nicht unter gekommen.

    • Ja, das Thema kenne ich sehr gut. Ich kann auf mein privates OneDrive zugreifen (dort liegen die Markdown-Dateien), Logseq bietet eine Browser-Variante, die auf lokale Files zugreifen kann. Eine weitere Lösung ist die mobile Anwendung via Handy/Tablet. Mein Workflow ist so gestaltet, dass ich im Büro nur lesend Zugriff brauche, neue Ideen sammle ich unter der Woche per Bookmark oder wird mal schnell ins OneNote getippt. Das “richtige Gärtnern”, also das Einbinden, Vernetzen und Sortieren erfolgt dann privat zu Hause.

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