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An einem schönen Vorfrühlingstag im März empfing uns die Paracelsus Medizinische Privatuniversität im modernen und hellen Ambiente ihres herrlichen Festsaals.

Rund 50 Lerngestalter:innen (und eine Anwenderin ;-)) aus wirklich allen Teilen Österreichs und auch Deutschlands trafen sich unter dem Motto “Schaffen. Unternehmen. Lernen.” zum #CLCA Barcamp in Salzburg.

Die Kerninhalte des Tages waren Business & Lernen, erlebnisorientiertes Lernen sowie Künstliche Intelligenz. Weiters hoch im Kurs: Führen (lernen). Schon in der Vorstellungsrunde waren diese Themen prominent im Raum.

Schaffen. Unternehmen. Lernen.

Das Motto des Barcamps bot eine breite Palette an Interpretationen und Lesarten: von der Frage “Wie schaffen Unternehmen Lernen?” bis hin zur Prioritätensetzung in Organisationen, wo Lernen selten an erster Stelle steht.

Dazu die These des Organisationsteams der #CLCA: In Organisationen liege aktuell der Fokus aufs Schaffen – Leistung, Effizienz und Ergebnisse stehen im Vordergrund. Je größer und gesetzter die Organisation, desto zaghafter findet unternehmerisches Handeln, also zukunftsgerichtete und damit risikobehaftete Aktivitäten, statt. Oft sehen wir, dass Lernen praktisch nur ein Anhängsel im Alltag bleibt und damit häufig zu kurz kommt.

Dabei beginnt doch gerade in dynamischen Umwelten alles mit Experimentieren und Lernen, gerade das unternehmerische Handeln.

Corporate Learning muss zweisprachig werden

Und tatsächlich war die gelebte Dualität von Arbeiten & Lernen eines der zentralen Themen des Tages. Als Kernthema zog es sich in der einen oder anderen Weise durch fast alle 18 Sessions. Immerhin teilen sich Lernen und Business verfügbaren Raum und Zeit – und stehen damit in harter Konkurrenz. Damit fehlt oft ein zukunftsgerichteter Ressourcenausgleich auf Augenhöhe zwischen Business und Corporate Learning.

Vielleicht hilft da ein Perspektivenwechsel: In einer Session betrachteten rund 10 Learning Professionals ihr Aufgabengebiet mal andersrum, nämlich konsequent aus der Sicht von Unternehmer:innen – und waren ziemlich ernüchtert. Business und Lernen folgen anderen Prämissen und Logiken, die kaum ineinander integrierbar sind.

Schnell fiel auf, dass beide Seiten nicht die gleiche Sprache sprechen – und damit Miss- oder Unverständnis fast unvermeidbar sind. Dazu kommt, dass unsere Begriffe im Corporate Learning alles andere als eindeutig sind. Was folgt: Wechselseitig fehlen entscheidende Vokabeln für entscheidene Begrifflichkeiten – das macht die Übersetzung zwischen beiden Welten nicht immer leicht.

Ein möglicher Ausweg: Corporate Learning müsste eine echte Zweisprachigkeit entwickeln – und dabei präziser in der eigene Sprache werden.

Wie bekommen wir unsere Inhalte an die Lerner:innen?

Diese Trennung zwischen Lernen & Business finden wir überall im Alltag, sowohl bei der Verteilung von Zeit und Aufmerksamkeit als auch bei der Wirksamkeit des Lernens im Business.

„Gib den Leuten Zeit zum Üben, sonst üben sie am echten Projekt“

aus der Session “Software Craftmenship”

Die Frage “Wie können wir unsere Trainings sexy machen?” schaffte es gleich in der Früh auf die Agenda und blieb den ganzen Tag über Thema. Unser Fazit aus der Abschlussrunde: Wir brauchen weniger (Sach-)Inhalte, dafür mehr Möglichkeiten zum Machen (also z.B. Üben wie in der Software Craftmenship-Bewegung). Darüber hinaus mehr Entertainment (“Übernimmt bald Netflix unsere Jobs?”) und mehr Ganzheitlichkeit beim Lernen von Menschen in Organisationen. Körpererlebnisse einzubinden – wie z.B. ein Walk auf den Salzburger Mönchsberg – erhöht die nachhaltige Wirksamkeit genauso wie die Einbindung des sozialen Umfelds in Lernsettings. Gerade der Organisations- und Lernkultur wurden in einigen Sessions als zentrale Parameter für Lernerfolg erkannt.

Session-Walk auf den Mönchsberg

Diese ganzheitliche Betrachtung hat auch einen entscheidenen Nachteil: sie erhöht die Komplexität unserer Aufgabe noch weiter. Die große Vielfalt an Möglichkeiten (Formate, Konzepte, Methoden), die Vernetzungsdichte (Kultur) und die Geschwindigkeit (z.B. in der Umsetzung) nimmt weiter zu.

Eine Erkenntnis aus der Session “Find the Simplicity within Complexity“: Einfachheit ist ein Designprozess des Fokussierens und Weglassens. Dies erfordert Entscheidungen (und diese setzen Orientierung voraus) sowie Reflexion (und dies wiederum braucht ausreichend Zeit und Möglichkeiten).

Was ist unsere Leistung als Learning Professionals?

Auf der Suche nach Stellhebeln für unsere Arbeit (wohl ein typischer Begriff aus der Businesswelt ;-)) merken wir, dass wir eigentlich nur den Rahmen gestalten und darüber individuelles wie organisationales Lernen ermöglichen können. Intrinsische Motivation als Lernbooster ist durch Nichts zu ersetzen, auch wenn wir dies mit unseren Lernangeboten tagtäglich versuchen.

Dafür braucht es Führung, die Business & Lernen im Alltag möglich machen. Nur so kann Lernen im Alltag tatsächlich gelingen. Und gerade dort, also in der Führung, orten wir Learning Professionals offenbar besonderen Entwicklungsbedarf. Lernen funktioniert in einer positiven Employee Experience einfach besser. Und diese kann man nicht (zu)kaufen, sondern ist immer nur hausgemacht.

Aber es gilt auch in der Führungs(kräfte)-Entwicklung das Gleiche, wie in anderen Lernprojekten auch. Wir Learning Professionals können kaum etwas – schon gar nicht ex cathedra – bewirken, wenn nicht Führung selbst an Führung arbeiten möchte.

Es wär schön, wenn auch Mitarbeiter hier mitreden, und wir nicht nur über die Weiterbildung für Mitarbeiter sprechen.

aus der Abschlussrunde

Damit müssen wir uns – auch vom Business – die Frage gefallen lassen, was denn unsere Leistung ist, wenn die Lerner:innen doch alle selbst Lernen (wollen müssen). Wir können Lernerfolge nicht erzielen (iSv garantiert erreichen), aber begünstigen (iSv wahrscheinlich machen). Der wahrnehmbare Erfolg hat dann immer viele Eltern. Wenn Lernerfolg tatsächlich im Business ankommt, können wir nur bedingt die Urheberschaft für uns (alleine) beanspruchen.

Beziehungen? Schwierig!

Fast hätten wir es alle übersehen, doch rechtzeitig vor dem Ende des Barcamp-Tages entdeckten wir noch einen der zentrales Aspekte. In all den diskutierten Themenstellungen geht es doch letztlich um Beziehungen. Beziehung zu sich selbst, Beziehung zu den Inhalten und Themen, Beziehung zu Trainer:innen, Beziehungen in der Organisation.

Auf unserer Suche nach Einfachheit und Bewältigbarkeit unserer Aufgaben, sammeln wir gerne Methoden, Formate oder stecken wir all unsere Hoffnungen in Künstliche Intelligenz.

Und übersehen, so auch an diesem Tag, die Beziehungen. Sie schüren Neugier, sie emotionalisieren, und ermöglichen damit Veränderung. Sie sind essenziell fürs Lernen, und fürs Business – aber halt schwer messbar 😉

Ergebnisernte und Zusammenfassung des vielfältigen Barcamp-Tages

Machen wir uns auf den Weg …

Auf einem der vielen Flipcharts fand ich die Begriffe “supervised, self-driven, collaborative” – das beschreibt wohl gut, wie wir uns idealerweise Lernen in Organisationen der Zukunft vorstellen.

Das ist ein süßer Traum, der wohl so einfach nicht zu verwirklichen sein wird. Zu viel sind die Abhängigkeiten und Nebenbedingungen, Gewohnheiten und Traditionen derzeit (noch).

Und wenn doch, dann haben wir einen sehr weiten Weg zu gehen.

Hinweis: Frank Neuhaus hat seine twitter-Sammlung hier über das Barcamp veröffentlicht.

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