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Das Wagnis war groß. Aber es hat sich ausgezahlt! Was ich als Personalentwickler aus der Expedition Führung gelernt habe.

Selbststeuerung in der Führungskräfte-Entwicklung ist ja eine gute Idee: Schleife die Teilnehmer  nicht durch Fachgebiete, sondern schicke sie selbst los, ihre Themen zu erkunden! In der Umsetzung der Expedition Führung und in der Begleitung Begleitung der Gruppen haben sich vier Imperative herauskristallisiert, die letztlich erfolgsentscheidend waren.

Schaffe Ordnung!

Selbststeuerung zuzulassen fordert alle, Führungskräfte, Expeditionsleiter und Personalentwickler. (siehe dazu die Interviews der Expeditionsleiter Stefan Gatt, Caroline Pisa und Wolfgang Plasser) Ohne geordneten Rahmen, ist die (Spiel)Wiese „zu grün und zu groß“. Dann bewegt sich gar nichts, weil keiner weiß, was er oder sie mit diesem riesen Freiraum anfangen soll.
Je klarer die Rahmenbedingungen sind, in denen „gesteuert“ werden kann, desto leichter fällt es und desto produktiver funktioniert es. Deshalb braucht es klare Spielregeln, vorbereitete Strukturen, aus denen sie wählen können und eine Kommunikationstruktur, die nicht erst durch die Gruppen erfunden werden muss.
Zusammengefasst: Gib den Rahmen einfach und klar vor, ohne die Freiheit innerhalb des Rahmens einzuschränken. Und wir haben gelernt: Fordere die definierten Rahmenbedingungen am Weg konsequent ein! In beide Richtungen – Führungskräfte müssen sich daran halten, das Management UND die Personalentwicklung aber auch! Klingt trivial, war es aber nicht immer.

Führe!

Es ist ein großes Missverständnis, wenn man glaubt, dass Selbststeuerung ohne Führung auskommt. Ganz im Gegenteil: Sie braucht sie mehr denn je. Damit ist nicht (wie manche meinen könnten) Command & Control gemeint, sondern wirklich echte Führung: Vision und Missionsarbeit mit der Gruppe leisten, Beziehungen gestalten und moderieren sowie Personen ermutigen und zur Reflexion anregen. Und gleichzeitig das „inhaltliche Heft“ in der Hand der Gruppe zu lassen.
Damit kann der rote Faden gezogen werden und eigene Themen klarer geschärft werden. Das macht für alle Sinn und erzeugt damit auch Motivation, weiterzukommen. Gerade die Expeditionsleiter waren gefordert, ihre eigene Rolle in diesem Sinne zu finden und mit den Gruppen zu leben. Und wir haben gelernt: Es braucht mehr Führung als erwartet und das kann nicht Jede/r leisten!

Vertraue!

Zunächst mal Dir selbst als Personalentwickler! Trotz klarem Rahmen ist verdammt wenig planbar, weder Inhalte noch nötige Ressourcen! Ein gesundes Vertrauen in den Rahmen und den Prozess ist wichtig, um der Versuchung des eigenen Steuerns und Planens zu widerstehen.
Jedenfalls braucht es ein Vertrauen des Managements in die eigenen Führungskräfte. Auch das Management gibt die klassische Kontrolle über Inhalte und Themen ab. Kein einfacher Schritt, hier kann aber die Personalentwicklung helfen.
Und vielleicht das Wichtigste: ein Vertraue in die Menschen! Vertraue darauf, dass sie das für sie „richtige“ finden werden, dass sie alle ähnliche Alltagsthemen haben und dass sie den Rahmen nutzen werden, wenn sie es als sinnvoll erachten. Wenn es sinnvoll und spannend ist, kommen sie (gerne wieder)! Und wir haben gelernt: Vermarkte und verkaufe Deine Angebote, dann werden sie auch angenommen!

Lass sie spielen!

Selbststeuerung bedeutet auch, die Gruppe steuern zu lassen. Klingt logisch, ist es aber nicht immer! Wie auf einer Expedition in unbekannte Landteile geht es auch bei der Expedition Führung nicht immer alles geradlinig zu. Dazu gehört eben auch, Schleifen im Weg zuzulassen, wenn es in der Situation der Gruppe sinnvoll erscheint. Auch wenn man als Trainer oder Personalentwicklung möglicherweise meint, den Weg als Sackgasse zu erkennen. Hier keinesfalls (lenkend) einzugreifen! Wie gesagt: Selbststeuerung heißt es auch – wortwörtlich.
Erstens ist eine vermeintliche Sackgasse nicht immer eine solche. Zweitens wäre es ein rigoroser Eingriff in die Selbststeuerung, hier gleich „Weg-Abkürzungen“ anzubieten. „Schade um die Zeit!“ ist ein verständlicher Gedanke, doch die Gruppe lernt wahrscheinlich mehr auf dem selbst gewählten Weg als auf unseren (so schlauen) Abkürzern.
Also lass sie spielen, menschliches Lernen ist nicht immer so linear, wie es unsere Effizienzbestrebungen gerne hätten. Und wir haben gelernt: Es ist nicht immer einfach, das allen klar zu machen und im Prozess durchzuhalten.

Die Ernte eines spannenden Prozesses…

…ist einfach großartig und vielfältig. Jede Führungskraft konnte für sich Inhalte mitnehmen und im Alltag umsetzen. Viele profitieren auch heute noch von den entstandenen Netzwerken. Und falls sie fragen, ob wir das irgendwie gemessen haben: Nein! Wir haben Einzel-Feedback-Gespräche mit den Führungskräften nach der Expedition geführt. Aber wir haben den Outcome nicht messen. Wie auch, wo es soch vorrangig um “weiche” Themen geht.

Die Teilnehmer haben uns rückgemeldet: Sie haben erkannt, dass alle ähnliche Themenstellungen – und zwar unabhängig von der Hierarchieebene! – haben. Das gibt Sicherheit und Vertrauen, offen und lösungsorientiert daran zu arbeiten. Durch den langen Prozess von 15 Monaten ist auch ein hoher Praxisbezug gegeben, weil die Themen in der Praxis gleich und immer wieder umgesetzt werden konnten.

Damit wurde die Expedition Führung gleichzeitig zum  Organisationsentwicklungs-Programm. Viele Initiativen über Abteilungsgrenzen hinweg haben sich ergeben: vom wertvollen Strategie-Input bis hin zu einem Werte-Prozess, von der Einbindung des Teams bei der Reflexion der eigenen Führung bis hin zu selbst ins Leben gerufenen und bis dato weitergeführten Supervisionstreffen.

Ja, es war gut, das Risiko einzugehen und neue Wege in der Führungskräfte-Entwicklung beschreiten. Aber vielleicht kann ja Selbststeuerung ja auch ganz anders funktionieren? Und wenn ja, wie?

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2 Kommentare

  1. Ein sehr interessantes Projekt, Herr Kummer, und ich freue mich schon auf die Diskussion und den Austausch im Rahmen unseres Corporate Learning MOOC!

    Aber eine Frage, die mir gerade durch den Kopf geht, platziere ich kurz hier: Sie haben die Expedition Führung abschließend selbst als “Organisationsentwicklungs-Programm” beschrieben, als etwas, das man nicht jeden Tag und mit jeder Zielgruppe startet.

    Meine Frage: Was lässt sich aus Ihrer Sicht aus der Expedition in den “Alltag” der Führungskräfte-Entwicklung übernehmen? Könnte es wiederholt kleinere “Teil-Expeditionen” geben? Lassen sich einzelne Bausteine der Expedition als neue Angebote ins PE-Portfolio übernehmen? Kann es “Expeditionen” auch für Mitarbeiter (z.B. Fachexperten) geben? Kurz: Welche Wechselwirkungen sehen Sie zwischen der “Expedition Führung” und den bestehenden wie zukünftigen Angeboten und Aufgaben der Personalentwicklung?

    Mit den besten Grüßen aus Frankfurt
    Jochen Robes

    • Hallo Herr Robes,

      danke für die Fragen. Ehrlichgesagt war die Expedition Führung nie als OE-Projekt geplant, erst in der Umsetzung haben wir dieses Potenzial gesehen (ohne es gesondert zu adressieren).
      Natürlich muss es nicht immer “groß” sein, sondern auch in Teil-Expeditionen vorangehen. Wir hatten nur das Thema, wie bringen wir die Führungskräfte in Gruppen unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit zusammen? Und da hatten wir bislang nur die Antwort des großen gemeinsamen Startes (und Endes).
      Wir haben die Idee der Expedition Führung bereits auch für Mitarbeiter übernommen. Es gibt bei uns keine klassischen 2-Tages-Trainings zu Themen wie Kommunikation, Konflikt, Zeitmanagement o.ä. Dort heißt es “Trainingscamp”, dauert ca. 4 Tage verteilt über ein Jahr. Es gibt keine vorgefertigten Themen, sondern die Teilnehmer starten dort, wo “es bei ihnen im Alltag drückt”. Die Gruppe bleibt über die gesamte Zeit bestehen, trifft sich mindestens 3mal mit einem Trainer, der die Gruppe das ganze Jahr über (auch zwischen den Terminen betreut). Damit hat der Trainer immer auch (Gruppen-)Coachingaufgaben.
      Unsere Erfahrung damit: die Teilnehmer sind begeistert und Erfolge werden sichtbar. Allerdings mit großen Schwierigkeiten bei der “Verkaufsbarkeit” dieses Angebots bei Führungskräften. 2-Tages-Trainings sind schnell mal freigegeben. 4 Tage und ein Jahr Dauer – das sorgt immer wieder für Diskussionen (Ist das wirklich nötig?).
      Und genau dort liegt der Link zur PE der Zukunft: Wir definieren nicht die Inhalte und verteilen diese standardisiert im Haus. Wir begleiten Menschen bei Ihren Themen, damit es für sie selbst UND für die Organisation besser wird. Und das müssen wir aktiv und engagiert intern verkaufen. Und Verkauf war ja auch bisher nicht die Kernkompetenz der PEler, behaupte ich mal frech.

      Ich freue mich auf unser Kennenlernen nächste Woche und schicke Grüße aus Wien
      Herwig Kummer

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