Als ob der Job des Recruiters nicht schon schwer genug wäre. Sie finden Bewerber, verkaufen Jobs und präsentieren Unternehmen möglichst attraktiv. Sie führen Interviews, um richtige Kandidaten zu finden. Dazu stellen sie Fragen, interpretieren Antworten und erstellen Kandidatenberichte. So weit, so gut, wenn da nicht noch verborgene Kräfte am Werk wären …
Recruiting-Interviews sind eine herausfordernde Sache. Es geht darum die richtigen Fragen zu stellen. Auf der Suche nach einer realistischen Kandidateneinschätzung konzentrieren sich Recruiter gerne auf ergiebige und trickreiche Fragen in durchdachten Gesprächsabläufen. Die Fragen sind aber nur ein Teil der Arbeit. Viel wichtiger ist es, die Antworten richtig zu deuten, um zu einem umfassenden, aussagekräftigen Kandidaten-Profil zu gelangen.
Glaubt man wissenschaftlichen Erkenntnissen, zeigt sich der größte Feind einer fundierten Kandidatenbeurteilung nicht in den schöngefärbten Antworten des Bewerbers. Nein, es sind wir selbst! Als Gegenspieler des fundierten Kandidatenprofils stehen wir uns fast unbemerkt im Weg. Der größte Feind: der Alltag selbst.
Die Tageszeit des Interviews wirkt!
Es ist nicht egal, wann ein Bewerber zum Interview kommt. Am besten haben es Bewerber gleich morgens oder direkt nach einer Pause. Da sind wir in unseren Urteilen um rund 65% milder in der Beurteilung als beispielweise kurz vor einer Pause. Das zeigte zumindest eine Untersuchung bei Richtern, die über Bewährungsanträge zu entscheiden hatten. Also doch: Morgenstund hat Gold im Mund, zumindest für Bewerber.
Das Wetter prägt!
Dass das Wetter auf das Gemüt drücken kann, wissen wir. Aber das kann doch einen erfahrenen Recruiter nicht erschüttern. Doch! An regnerischen Tagen werden (die selben) Kandidaten um rund 10% schlechter bewertet als an sonnigen. Das zeigte eine Langzeitstudie mit fast 3.000 Kandidaten. Der Effekt konnte übrigens unabhängig von der Recruiting-Erfahrung festgestellt werden. Da hilft wohl nur eines: Blame it on the Weatherman.
Achten Sie auf Ihre Möbel!
Mitunter ist es auch das Bekannte, das das Unbekannte prägt. Zum Beispiel die Möbel oder Ihre Schreibunterlage. Das eigene haptische Erleben während des Interviews hat messbaren Einfluß auf die Personenwahrnehmung. Schwere Schreibunterlagen (z.B. clipboards) lassen Kandidaten bedeutender erscheinen. Rauhe Oberflächen (z.B. in Form von Papier) lassen uns soziale Kompetenzen kritischer einschätzen. Und harte Sessel machen uns rigider in Gesprächen und Verhandlungen. Also, nehmen Sie´s leicht!
In guter Stimmung bleiben!
Das hilft dann auch der eigene Stimmung, denn auch diese färbt unsere Urteilskraft. Es wurde mehrfach bewiesen, dass wir Personen in guter Stimmung weitaus positiver wahrnehmen und zwischen guten und schlechten Kandidaten viel stärker differenzieren.
Die Lösung: Händewaschen!
Um diesen Effekten dann doch noch ein Schnippchen zu schlagen, empfehle ich vor einfach abzuwarten und Hände zu waschen. Denn, so eine weitere Studie, nach dem Händewaschen hinterfragen und revidieren wir getroffene Urteile eher und leichter.
Also, wenn´s hilft.