Ein BarCamp-Nachbericht #ccchh17 über Unternehmenskultur, Digitalisierung, Change und andere Missverständnisse.
Da war sie wieder! Die Frage aller Fragen.
Und sie durfte natürlich auch am dritten CorporateCultureCamp in am 4. und 5. Mai 2017 in Hamburg nicht fehlen, wo sich mehr als 60 ExpertInnen unterschiedlicher Professionen zum Thema Unternehmenskultur und kulturellem Wandel austauschten.
Was ist Unternehmenskultur?
Beantworten konnten wir die Frage diesmal zwar auch wieder nicht, aber immerhin sind wir näher als bisher an den Kern gelangt.
Kultur ist wie Seife
Kultur ist einfach da. Immer. Ob man will oder nicht. Ja, sie ist schwer zu beschreiben, aber (zumindest von außen) gut wahrnehm- bzw. erlebbar. (Wie beschreibe ich Kultur?)
So weit, so einig: Kultur entsteht aus der Geschichte, aus einem kollektiven Gedächtnis und manifestiert sich in Werten, Beliefs und Mindsets. Und: Kultur wird im Verhalten von Personen sichtbar und übernimmt damit auch Steuerungsfunktion.
Dennoch bleibt sie unfassbar.
Kultur ist wie Seife. Kaum glaubt man sie endlich zu begreifen, flutscht sie einem schon wieder durch die Finger.
Also haben wir weiterhin keine klare Antwort darauf, was Kultur eigentlich ist. Brauchen wir auch gar nicht!
Wozu auch? Erstens gibt es in Organisationen nicht nur die EINE, sondern immer VIELE Kulturen. Und selbst wenn es EINE Leit- oder Meta-Kultur gibt, fehlen uns zur Beschreibung ohnehin die Worte (Kultur – mir fehlen die Worte).
Transportieren und erzählen können wir Kultur also nur über unser Verhalten und erzählte Geschichten.
Nur über Geschichten und Stories schaffen wir es, die einzigartige Kultur auch außen nachvollziehbar und erlebbar werden zu lassen. (Unternehmenskultur nach außen tragen, Was Employer Branding mit Tinder zu tun hat, Storytelling)
Kultur ist wie Wasser
Aber halt, da wäre doch eine Situation, in der uns Kulturbeschreibung (also das, wie es jetzt IST) weiterhelfen könnte:
Nämlich dann, wenn wir Change dringend brauchen! Also besonders dann, wenn die “Kultur scheisse ist” und der Ruf nach Veränderung unüberhörbar wird (Finger weg von Cultural Change).
Mit Hilfe des Cultural Change muss dann ein SOLL hergestellt werden. Kein Wunder, dass sich Cultural Change so gut verkauft. Gerade auch weil es die Hoffnung der Führung(-skräfte) nährt, mit diesem Change im Alltag wenig zu tun zu haben. (Verdammt noch mal, wer führt denn hier?)
Doch wer direkt (und direktiv) an der beschriebenen Kultur (Kulturbeschreibung mit Interviews) zerrt, um sie einem Wunschbild (SOLL) anzugleichen, wird (bitter) enttäuscht.
Das einzige, was wir damit erreichen, ist – wenn überhaupt – das Vorspielen einer (schönen) Scheinkultur. Naja, immerhin hat man Kultur damit auch verändert. (Change – und jetzt?)
Kultur ist wie Wasser. Egal, was man mit ihr versucht anzustellen. Sie sucht sich immer ihren Weg.
Also, go with the flow! Ändere Rahmenbedingungen! Führung ist dabei ein ganz wichtige Rahmenbedingung, aber auch eingesetzte Software, die ihren ganz speziellen Geist haucht (Cultural Technology Fit)!
Die Kultur wird folgen. Oder auch nicht. Sicherheit, Linearität oder Kausalität gibt es nicht. Alles wächst, wie es will. Man kann den Stil verändern, nicht aber die Menschen.
Apropos Flow. Auch Motivation und Produktivität sind Kulturergebnisse. Möglicherweise hilft uns da das Konzept des Flows dabei, in eine Begeisterungs- und Learning Zone zu gelangen? (Alles im Flow?)
Kultur braucht Raum und Mut
“Disruptiv, agil, digital – damit uns die Kultur nicht ausbremst …“, war das diesjährige Motto des CorporateCultureCamps.
Eine Antwort, die wir darauf gefunden haben:
- Kultur braucht keinen CHANGE, mit dem wir wirken und gestalten, wie es uns gerade passt. Funktioniert ja nicht.
- Kultur braucht TRANSFORMATION, damit wir auch in Zukunft sinnvoll und erfolgreich wirtschaften können. Damit verliert Kulturentwicklung seinen Selbstzweck und sorgt für eine gesunde Geschäftsbasis.
Also sollten wir auch unsere Sprache daran orientieren, wie wir im Tagesabschluss feststellten: Nicht mehr “Mitarbeiter abholen und mitnehmen” (Change), sondern “begegnen, begeistern und mitgehen” (Transformation).
Transformation kommt aus sich selbst, braucht Zeit und ist selten reversibel. Gelungene Transformation passiert aber nicht ganz von allein und kann unterstützt werden: durch Partizipation, Aufmerksamkeit und Konsequenz.
Was Kultur-Transformation jedenfalls braucht, sind Räume: Räume der Begegnung, der Interaktion und der Zusammenarbeit. Sowohl Physische Räume (Vom Bauprojekt zum Kulturprojekt) aber auch auch metaphorische Räume wie Möglichkeiten oder Gelegenheiten, (neue) Kultur zu leben (Wir packen ein Unternehmenskultur Support Kit).
In der Transformation dürfen wir (oder müssen sogar) mutig sein und einfach mal tun (Lasst uns mutig sein!), wie uns Marie authentisch am Beispiel Upstalboom erzählt hat. Ja, da gibt es viel zu riskieren – deshalb: mutig, aber nicht übermütig sein!
Die dunkle Seite der Unternehmenskultur
Wo viel Licht ist auch viel Schatten!
Natürlich haben wir am #ccchh17 auch die dunkle Seite der Unternehmenskultur – may the forth with you – beleuchtet (Unternehmenskultur und der Todesstern):
Überholte Mythen und Symbole, Neid, Angst, Arroganz und schlechte Vorbilder kennen wir wahrscheinlich alle aus Unternehmen.
Wenn wir dann lieber ans Licht wollen, sollten wir folgende Aspekte beherzigen:
Mein Resumee: Kultur ist immer am Werk. Auch dort, wo man sie am Wenigsten vermutet!
Bleibt also nur noch die Frage, was das alles mit Badezimmern zu tun hat.
Naja, Kultur ist wie Seife, Kultur ist wie Wasser – und wer Kultur nutzen und pflegen will, braucht entsprechende Räume. Da ist das Badezimmer nicht weit.
Mit anderen Worten: Kultur spielt sich nicht in den großen Küchen ab, also dort, wo es hektisch dampft und brodelt, weil der Chef kocht.
Auch nicht im Wohnzimmer, wo wir so gerne Gäste empfangen und uns von der Besten Seite zeigen. (Kultur im Recruiting – Ehrlichkeit vs. Lüge)
Die “echte” Kultur lebt im Badezimmer – dort wo wir uns Zeit nehmen, wo wir uns wahrhaft in den Spiegel blicken und wo wir uns pflegen, damit wir fürs Arbeiten wieder frisch und fit sind.
Es waren spannende, inspirierende und bereichende zwei Tage mit vielen Ideen. Danke an alle Teilgeber, die zu dieser vertrauensvollen und entspannten BarCamp-Kultur beigetragen haben.
Übrigens, das CorporateCultureCamp kommt auch 2018 wieder! Mehr dazu – wie immer – unter cccamp.net.
P.S. Die Titel der angesprochenen Sessions finden sich kursiv im Text.