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Für die einen ist es Fluch, für die anderen Segen: Das Lernen mit elektronischen Medien. Doch was als e-Learning begann, hat mittlerweile fast das ganze Alphabet für sich entdeckt.  Eine Spurensuche von b-Learning bis x-Learning.

Begonnen hat wohl alles mit dem kleinen “e”, als Ende der 1980er Jahre das erste Mal von e-Learning die Rede war. Man war vom Computer als Lehrer so begeistert, dass man ganz vergessen hatte, wofür das e überhaupt stehen soll: enhanced, extended oder doch electronic? Das war auch gar nicht mehr wichtig, denn das neue Lernen versprach gesicherte Lernerfolge und geringere Investitionskosten. Der parallel stattfindende Siegeszug des Internets sollte den neuen Lerninstrumenten gleich weiter Auftrieb geben und schon sprach man vom i-Learning (Internet Learning).

Kosten hin oder her, das Versprechen mit den Lernerfolgen konnte so kaum eingelöst werden. Also machte man sich an die ersten Optimierungsversuche heran. Doch auch da schieden sich rasch die Geister.
Die einen sahen den Erfolg darin, die Methode einfach auszubauen. Sie nutzen neben Computer und Internet nun auch Telefon und nannten es d-Learning (Distance Learning). Marketingstrategen verwiesen auch gleich auf die lange Tradition des Fernlernens, die ja schon Langenscheidt mit seinen Lernbriefen in den 1850er Jahren erfolgreich betrieben hatte.
Andere wiederum vermuteten den Lerner als Erfolgskriterium und versuchten die Lerneinheiten besser an die Bedürfnisse. One-Size-Fits-All hatte nun ausgedient. Die Teilnehmer stiegen gleich mal mit einem Wissenstest in der Lernangebot, um die Lerneinheiten gut an das (gerade erprüfte) Vorwissen der Teilnehmer anzupassen. Und nennen es f-Learning (Flexible Learning).

Weder D (das Telefon machte eigentlich keinen Unterschied) noch das F (der anfängliche Test wirkte nicht motivationsfördernd) konnte so wirklich in der Praxis reüssieren. Zumindest pur. Also versuchte man es gemischt mit einem Verschnitt aus traditionellen Formaten im Seminarraum und den neuen Techniken am (oder im) Computer. Alles wird also gut mit b-Learning (Blended Learning), also der Kombination aus Seminarraum und Selbstlernphasen. Doch so richtig zünden wollte auch die gespritzte Version von E nicht wirklich.

Doch bevor man sich so richtig mit Reparaturversuchen an die weitere “Optimierung” machte, war man auch schon von der nächsten technologischen Revolution abgelenkt. Eigentlich war´s ja keine technologische, sondern eher eine gesellschaftliche: Web 2.0 und Social Media eroberten sich Breitenwirkung und schufen neue Möglichkeiten des i-Learning: e-Learning 2.0 war geboren!

Und das brachte gleich ein Feierwerk an neuen Buchstaben ins Spiel. Weniger beachtet wurden die Formate wie  t-Learning (digital TV-based interactive learning) und v-Learning (Visual Learning, Video Based Learning oder Virtuelles Lernen). Auch die Entdeckung, dass man mit den vielen kostenlosen Diensten von Google auch gut lernen kann (g-Learning), blieb ein Nischenprodukt.
Einen richtigen Hype löste m-Learning (Mobile Learning) aus. Durch die fortschreitende Verbreitung von Smartphones und Tablets ersetzte man das Konzept des stationären E durch ein mobiles M. Die Idee Leerzeiten unterwegs fürs Lernen zu nutzen erfreute sich so großer Beliebtheit, dass mittlerweile von Version 3.0 die Rede ist. Besonders hoch entwickelte Lernangebote nehmen sogar auf das jeweilige Umfeld bzw. den jeweiligen Kontext des Lerners Rücksicht. Um dieser Premium-Angebote besser vermarkten zu können ersann man den Begriff u-Learning (Ubiquitous Learning). Mobilität, also M und U, setze sinnvollerweise sehr kurze Lernsequenzen von nur wenigen Minuten voraus. Für diese kurzen Formate einigte man sich rasch auf den Begriff n-Learning (Nano-Learning).
Stellt sich jetzt die Frage, ob M und U immer auch N sein müssen? Wie auch immer, ist es nach wie vor “altes” Push-Learning und damit doch schon überholt und nicht mehr state-of-the-art. Mit dem “neuen” Pull-Learning übernimmt der Lerner das Steuer seines Lernprozesses. Und nutzt dazu im D.I.Y.-Verfahren Informationsangebote und Kommunikationsmöglichkeiten in den sozialen Medien.  Auch hier war schnell ein Begriff gefunden: p-Learning (Personalized Learning oder Punk Learning). Dass man damit Erfolg haben kann, zeigt dieses Beispiel. Und wenn der Lerner bei seinen Recherchen im Social Web nun Gleichgesinnte findet und diese Community fürs Lernen nutzt, spricht man gerne von s-Learning (Social Learning).

Was bleibt ist Verwirrung, aber jede Menge Marketing-Potenzial für Anbieter von diversen Lehr-/Lernmedien. Trotz vieler Buchstabenspiele ist man vom E nicht weit weg gekommen.
In der Wissenschaft hat man all diese Moden gerne mitgemacht. Die Anbieter und deren Marketingabteilungen gaben das Tempo vor. Doch langsam scheint man die Eindimensionalität vieler dieser Ansätze erkannt zu haben. Darum arbeiten viele Forscher nicht mehr mit nur einem Buchstaben, sondern verwenden nun sogar Buchstabenkombinationen: der (doch etwas sperrige) Terminus “computer-supported cooperative/collaborative learning” (CSCL) beginnt sich durchzusetzen.

Praktiker stellen sich mittlerweile ohnehin die Frage “What ist e-learning good for?”. Clive Shepherd kommt in einer Art Ausschließungsverfahren zum Ergebnis:

[quote_box_center]E-learning, in its many and varied forms, is suitable for any learning activity which does not have to be conducted face-to-face (or, more rarely, using an alternative medium such as print).[/quote_box_center]

Ah, da ist es wieder, das Lernen von und mit Menschen. Das wurde ja in der ganzen Buchstabensuppe ganz übersehen. Und manche, wie Donald Clark, erinnern sich auch, worum es in Unternehmen meist wirklich geht. Nämlich um Erneuerung oder Veränderung von Wissen, Verhalten und Gewohnheiten. Und führt gleich mal den Begriff h-Learning (Habitual Learning) ein, mit dem er die Bedeutung von (sozialer) Interaktion und Reflexion (online wie offline!) betont. In alter Tradition blieb er bei nur einem Buchstaben, dem sich andere gleich weiter anschließen: Die Verfechter des Online-Lernens nehmen seinen Gedanken gerne auf und sprechen schon vom x-Learning, wo der Lerner seinen Pfad selbst erkundet (eXplore), nötige Erklärungen von einem Avatar erhält (eXplanation) und so seine Erfahrungen in einer sicheren Umgebung machen kann (eXperience).

Wie gut, dass man im Alphabet noch rechtzeitig einen Buchstaben für das “alte” Lernen im Seminarraum ergattern konnte: c-Learning für Conventional Learning. Damit wären nach meinen Recherchen nur noch die Buchstaben A, J, K, L, O, Y sowie Z frei (Q, R und W sind leider für Modelle künstlicher Intelligenzen belegt).

Wer aber wirklich Lernen im Unternehmen unterstützen und begleiten möchte, wird wohl weder mit einzelnen Buchstaben noch mit sperrigen Buchstabenkombinationen auskommen. Es braucht sinnvolle Kombinationen verschiedener Konzepte, aus denen dann (Ab)Sätze und Botschaften werden. Aber das ist dann eine ganz andere Geschichte.

 

Bild: flickr.com, twicepix

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