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Der Axel Springer Verlag möchte die Wende ins digitale Business rasch und gut meistern. Dass das nicht mit klassischen Trainings gehen würde, war auch dem Vorstand klar. Also beauftragte er die hauseigene Personalentwicklung, geeignete Maßnahmen zu setzen, die diese Wende unterstützen. Und die ließen sich dafür Einiges einfallen, dem sie auch gleich einen Namen gaben: Guerilla Lernen.

Es war dieser Tage am HR BarCamp in Berlin, an dem Sirka Laudon (Axel Springer Personalentwicklung) eine gut besuchte Session mit dem Titel “Guerilla Lernen” moderierte. Ihr Auftrag: Digitale Kompetenz in der Organisation rasch und gut aufzubauen. Ihre Idee dazu ist so einfach wie gut: Lernen im (Unternehmens-)alltag direkt zu unterstützen, abseits von formal(istisch)en Seminaren. In die Internet-Schule oder den Social-Media-Kurs möchte niemand. Da braucht es schon attraktivere Angebote. Es braucht also viele neue, in den Unternehmensalltag integrierte Formate, denen man sich kaum mehr entziehen kann. Die Methodenvielfalt und die ständige Wiederholung sollen dann für die nötigen Lerneffekte zu sorgen.
Und damit einem Personalentwickler nicht so schnell die Ideen für diese vielen Formate ausgehen, hat sie mit ihren Kolleginnen der Personalentwicklung ein Tool gestaltet, das alle Teilgeber des BarCamps auch gleich spielen durften: Das Guerilla Bingo. Dazu überlegt man sich zunächst ungewöhnliche Orte, Zeitpunkte, Zielgruppen, Dauer oder Inhalte, die man in Spalten notiert. Dann kombiniert man wild und wahllos. Kommt einem dabei eine sinnvolle Idee, ruft man einfach Bingo. Und schon wieder wurde ein neuer Ansatz gefunden, Guerilla Lernen einzusetzen. Ein detaillierter Bericht über die Session ist bei Karlheinz Pape nachzulesen.

Menschen lernen immer und überall, aber auch das was sie sollen?

Nicht nur die Hirnforschung weiß: Menschen lernen immer. Auch an ungewöhnlichen Orten und zu unkonventionellen Zeiten. Das ist nicht neu. Diese Erkenntnis gezielt in einem PE-Konzept zu berücksichtigen aber schon. Und so lassen sich Inhalte im Unternehmen gut und nachhaltig platzieren, ohne Extra-Zeit in Anspruch zu nehmen oder – im Auge des Mitarbeiters – lästig zu werden. Obwohl man auch hier gehörig übertreiben kann, wie kritisch diskutiert wurde. Dennoch: Mit einer klugen Kombination von unterschiedlichen Formaten kann man das individuelle Lernen all jener Inhalte unterstützten, die auch tatsächlich gelernt werden sollen. Hinter jeder Ecke also ein “sexy Lernerlebnis” (Sirka Laudon). Guerilla Lernen eben.

Auch beim Guerilla Lernen bitte nicht alle über einen Kamm scheren!

Aber noch ist das (gute und innovative) Konzept des Guerilla Lernens noch nicht ganz zu Ende gedacht. Denn nur das (innovative) Ausrollen von (vorab definierten) Inhalten bleibt ein Lernen nach Vorgaben. Damit wird der zweite Schritt vor dem ersten optimiert. Auch “sexy aufbereitete” Inhalte können das Lernziel verfehlen.
Im ersten Schritt sollte man die unterschiedlichen Zielgruppen im Unternehmen nicht übersehen. Nein, nicht die, die ohnehin diskutiert wurden (Raucher, Silver Ager, Hundebesitzer,…). Sondern die, die sich ergeben, wenn man bedenkt, wie die Menschen emotional zu diesem Thema stehen. Was ich meine, ist eine grobe Teilung in Wollen, Können, Dürfen.

Wollen

Die, die das Thema ablehnen, werden ihr Nicht-Wollen auch durch wiederholte Lernangebote kaum aufgeben. Ihr Nicht-Wissen über das Thema mündet in Ablehnung, möglicherweise aus Ängstlichkeit oder vermuteter Sinn- oder Nutzenlosigkeit. Daran wird auch ein Fahrstuhl-Podcast kaum etwas ändern, auch wenn dieser noch so innovativ sein mag. Bestenfalls. Denn wenn die Penetration im Arbeitsalltag für diese Zielgruppe zu viel wird, wird sie sich nur noch weiter in ihr Nicht-Wollen zurückziehen. Was diese Kollegen vielmehr brauchen ist eine aktive Begleitung, um ihre Neugier zu diesem Thema zu entdecken. Lernen passiert, wenn man Herausforderungen annimmt (wie Karlheinz Pape treffend in dieser Session formulierte). Möglicherweise auch in einem klassischen Seminar, in dem genau diese Herausforderungen “verkauft” werden. Dann erst Guerilla Lernen unterstützen, diese Motivation am Leben zu erhalten.

Können

Diejenigen, die ohnehin in die Welt der Digitalisierung einsteigen wollen, brauchen keine (pseudo)lustigen QR-Code Läufe im Treppenhaus. Sie brauchen Ausrüstung und Gelegenheiten, um ihre Kompetenzen selbst aufbauen zu können. Dazu gehören technische Geräte genauso wie attraktive Aufgaben, die sie damit lösen können und natürlich Zeit. Lernen braucht eben Zeit, und damit Geduld und eine förderliche Fehlerkultur. Und dann entstehen Kompetenzen, möglichweise auch durch ein klassisches Seminar. Aber eben auch durch Guerilla Lernen (quasi als Kompetenz-Booster).

Dürfen

Die, die ohnehin schon wollen und können, Tuns wahrscheinlich schon. Und hier geht es eher ums Dürfen. Nämlich ihr Tun in unternehmerischen Vorgaben zu halten, ohne aber ihre Begeisterungsfähigkeit fürs tun zu Bremsen. Sie brauchen Wissen über Rahmenbedingungen, die sie in ihrem Tun unbedingt einhalten müssen. Da spielen Vorbilder (z.B. die eigene Führungskraft) eine wesentliche Rolle, aber auch Guerilla Lernen kann hier einen wertvollen Beitrag leisten.

Fazit

Jede dieser drei Gruppen braucht Wissen über das Thema. Aber nicht immer das Gleiche, sondern zugeschnitten auf ihren Wissens- und Wollensstand. Eine eindeutige Zuordnung für jeden Mitarbeiter wird es dazu sicher nicht geben. Diese drei Gruppen sind eher als Kontinuum zu sehen, das auch im Personalentwicklungskonzept so bedient werden sollte. Guerilla Lernen muss also immer alle drei Zielgruppen abdecken, ohne als zu penetrant erlebt zu werden.

Also erst wenn die Zielgruppen umrissen und bedacht sind, kann gut und innovativ Guerilla-Bingo gespielt werden. Ein sorgsamer Mix als klassischen und Guerilla-Komponenten, der immer wieder angepasst wird, scheint ein erfolgsversprechendes Konzept zu sein. Und dann klappts auch sicher mit der digitalen Kompetenz bei Axel Springer.

Bild: flickr.com, Marco Raaphorst

 

 

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